Inflation, Krise, Marken Management

Bei Geld hört die Freundschaft auf. Gilt das auch für die Markenloyalität.

Mehr als 7 % Inflation frisst das verfügbare Einkommen der Verbraucher auf. Bekommen das eigentlich auch Marken zu spüren?

Klar. - Eine Kolumne mit Empfehlungen.

Besonders in den von den massiven Preissteigerungen betroffenen Konsumgütern. Nach neusten Erhebungen der GfK schwenken viele vom Markenprodukt auf die jeweilige, oft wesentlich günstigere Eigenmarke des Händlers um.

1 Euro kann eben nur einmal ausgegeben werden. Und in Krisenzeiten, in den das für den Konsum verfügbare Einkommen durch hohe Lebenshaltungskosten spürbar reduziert wird, stehen Marken nicht nur im Wettbewerb mit anderen Marken und Eigenmarken der eigenen Produktkategorie, sondern auch verstärkt mit anderen Konsumbereichen.

Natürlich wirkt sich die Inflation unterschiedlich aus auf die unterschiedlichen Einkommens- bzw. Vermögensgruppen. Für manche spielt das nahezu keine Rolle, doch für einen großen Teil wird es zu Veränderungen im Konsumverhalten führen.

Ein Beispiel aus dem Nähmaschinen-Handel. Hier gibt es im Fachhandel Marken, die ihre Maschinen preislich zwischen ein paar Hundert bis hin zu 8.000 oder gar 10.000 Euro positioniert haben. Wohlgemerkt - die Nähmaschine fürs Hobby zu Hause. Und alle Preislagen haben ihre Berechtigung.

Auffällig seit ein paar Wochen: Die günstigen Maschinen laufen noch gut und die aus dem Premiumsegment auch. Doch alles dazwischen so gut wie nicht mehr.

Wer sich also schon vor der Krise eine Nähmaschine jenseits von 10.000 € leisten konnte, wird dies wohl vorerst auch tun können. Die Mittelschicht jedoch macht gerade einen Downgrade oder verschiebt Kaufentscheidungen. Und für manche kommt eine Kauferwägung gar nicht mehr infrage.

Die Konsumenten sind zunehmend verunsichert, werden preissensitiver und nehmen auch Abstand von lieb gewonnenen Marken.

Die Wertigkeit einer Marke steht sehr viel kritischer auf dem Prüfstand als in sonnigen Zeiten. Die Wertigkeit definiert sich aber eben nicht aus dem Preis heraus, sondern aus dem Mehrwert, den das Produkt für den Nutzer liefert.

Viele Marken, die bereits die letzten Jahre genutzt haben, um an Werten, Nutzenversprechen und Kommunikation der Wirkung für den Nutzer zu arbeiten, dürften jetzt Vorteile am Markt haben. Die Marken, die die Corona-Krise aussitzen wollten, Markenpräsenz reduziert haben und durch kurzfristigen Aktionismus glänzen wollten, trifft es jetzt wohl umso härter.

Wie jede Krise wird sich auch diese unterschiedlich auf die Branchen auswirken. Es wird mal mehr, mal weniger Verlierer und Gewinner geben. Ein Pauschalrezept auszusprechen, was zu tun ist, dürfte einem Blick in die Glaskugel gleichkommen.

Dennoch gibt es ein paar allgemeingültige Empfehlungen für die Krise.

Vermeiden sollte man es, durch blinden Aktionismus und Rabattschlachten das Image, das Preislevel und die Positionierung zu verbrennen, und zwar auch für die Zukunft nach der Krise.

Alle Dinge, die man tut, also auch mögliche Preissenkungen, sollten immer transparent und glaubwürdig erklärt werden. Warum kann man auf einmal günstiger sein als vorher?

Weitere Ansatzpunkte können sein:
  • Umschichten statt bloßes Streichen von Etats

Das Umverteilen von Budgets in wirklich effektive Maßnahmen steigert nicht nur den monetären Erfolg, sondern gibt oft sogar den Spielraum für Einsparungen. Hier ist Kreativität gefragt, um budgetschonende Aktivitäten zu entwickeln.

  • Veränderten Kundenbedürfnissen gerecht werden

Krisensituationen wirken auch auf Ihre Kunden. Was bedeutet die veränderte Situation für Ihre Kunden? Analysieren und identifizieren Sie neue Bedarfe und passen Ihre Produkte, Dienstleistung und Angebote entsprechend an.

  • Next Level für Ihre Positionierung und Kommunikation

Machen Sie aus der Not eine Tugend und hinterfragen und optimieren Sie Ihre Positionierung und passen entsprechende Ihre Kundenkommunikation an. Zeitnah. Beispiele: Konditionen, Serviceoptionen und so weiter. Jetzt müssen Sie sich noch deutlicher von der Konkurrenz abheben. Sichtbar.

  • Ballast abwerfen

Nutzen Sie die Gelegenheit, um lieb gewonnene, bequeme und dennoch ineffektive Prozesse und Strukturen einfach abzuschaffen oder modern und schlank zu gestalten. Fokussieren Sie sich auf die Dinge, die wirklich (messbar) funktionieren. Streichen / reduzieren Sie allen übrigen Tamtam. Das entlastet die Kasse und gibt Luft.

  • Es lebe der Stammkunde

Bestandskunden erhalten oft weniger Aufmerksamkeit als die Neukundengewinnung. Spätestens jetzt sollte sich das ändern. In der Krise sind Ihre Bestandskunden Gold wert. Fokussieren Sie sich entsprechend auf diese.

  • Kennziffern verstehen und anpassen

Was man messen kann, kann man leichtern ändern. An welchen Stellschrauben (Kennziffern) zu drehen, bringt wirklich (schnelle) Effekte. Eine Analyse / Planspiel ist hier stets hilfreich und bringt oft überraschende Ergebnisse zutage.

  • Agieren statt Zusehen

Das gilt auch in Wachstumsfragen durch neue Zielgruppen/-märkte. Ist es wirklich sinnvoll, die Pläne zur Erschließung neuer Märkte gänzlich in einer Schublade verschwinden zu lassen?

Im Marketing ist Emotionalität mehr denn je gefragt. Denn diese kann zum echten Treiber der Markenbindung gerade auch in Krisenzeiten werden.


"Die Lage ist aussichtslos, aber nicht ernst.", Billy Wilder aus "Eins, Zwei, Drei".


Krisenzeiten erfordern kluges Handeln, und zwar auch mit Hinblick auf mittel- und langfristige Folgen der Maßnahmen, die ergreifen möchte.

Background CMO2go Christian Rahn

Christian Rahn CMO2go CMO Marketing Sales Interim Consulting

Fazit

Jede Krise zeigt gnadenlos unsere unternehmerischen, strukturellen und strategischen Schwächen auf und bestraft sie. Jede Krise birgt auch die Chance zur Veränderung. Neue Strukturen, Konzepte und Technologien zu etablieren, um sein Business fit für die Zukunft zu machen. 

Weitere Fragen zum (Krisen-)Marketing? Kein Problem ich bin nur eine Nachricht entfernt.

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